Die Hochlohnländer haben, vermutlich auf Druck des Großkapitals (Kapitalistisches Ermächtigungsgesetz), im Laufe der drei vergangenen Jahrzehnte die Einfuhrzölle kräftig herabgesetzt oder gar ganz aufgehoben. Daraus entfesselte sich erwartungsgemäß der weltweite Dumpingwettbewerb - eben was wir heute als Globalisierung bezeichnen.
Dass der Verzicht auf Einfuhrzölle für die Hochlohnländer auf Dauer nicht gutgehen konnte, weil nun einmal der Abstand zu den Billiglohnländer viel zu gewaltig war, dürfte schon damals den verantwortlichen Staatsmännern und Regierungen durchaus bewusst gewesen sein.
Damit nun nicht alle Produktionsbereiche sich aus den alten Industriestaaten fluchtartig zurückziehen, wurde gezwungenermaßen mit großzügigen Investitionszuschüssen und Unternehmenssteuersenkungen gegengelenkt (auf Kosten der Steuerzahler).
Eine äußerst fragwürdige Politik, die natürlich vor allem einen einwanderungsoffenen Sozialstaat wie unsere Bundesrepublik langfristig finanziell in die Knie zwingt und reale Lohnzuwächse nicht mehr zulässt.
Die
Aufhebung der Importzölle ist eigentlich der
schwerwiegendste Eingriff in eine Volkswirtschaft, den man
sich vorstellen kann. Umso
erstaunlicher, dass in den "Demokratien" der
Hochlohnländer dieser Gewaltakt nahezu
stillschweigend am Volk vorbei vollzogen wurde.
Es
gab keine echte Diskussion über die Vor- und Nachteile
(trotz aller Pressefreiheit). Den
Bevölkerungen wurde lediglich kurz und knapp
mitgeteilt, das Zollzölibat müsse nun einmal sein,
das sei fortschrittlich und bringe bisher ungeahnten
Wohlstand.
Er ist kaum weniger spektakulär als eine Umwandlung
von der Marktwirtschaft zur Planwirtschaft (vom
Kapitalismus zum Kommunismus).
Konnten die großzügigen Subventionen die gefährdeten Branchen vor ihrem Aus bewahren?
Schon
frühzeitig haben die verantwortlichen Politiker im Einklang mit
den
professionellen
Meinungsmachern
(den
Medien) vorgebaut und eingeräumt, dass die arbeitsintensiven
"einfachen" Produktionsbereiche für die alten Industrienationen
nicht haltbar seien und die Hochlohnländer sich tunlichst
anspruchsvolleren Aufgaben zuwenden sollten.
Auch in Deutschland sah man mit unverhohlener Arroganz Asien als
verlängerte Werkbank und sich selbst als Ideenschmiede der
Welt (diese realitätsferne Abgehobenheit erinnert stark an
Hitlers Wahn vom "Herrenmenschen").
Man hat also die Bevölkerung darauf eingestimmt, dass die deutschen Arbeitnehmer für die Herstellung von Textilien, Bekleidung, Schuhen, Spielzeug usw. zu Schade seien. "Auf solche Branchen könne und müsse man verzichten, um sich voll und ganz den High-Tech-Bereichen widmen zu können" hieß es unisono.
Man
setzte hartnäckig auf teure
Bildungsoffensiven,
erhöhte drastisch die Zahl der Akademiker und Ingenieure - aber
ohne jeden Erfolg, denn die
Realnettolöhne
und
Renten sinken trotzdem unaufhörlich seit 1980 (bei stetig
steigender Produktivität wohlgemerkt).
Zahlreiche Hochqualifizierte finden keinen Job und viele Akademiker
verdienen heute weniger als ein gewöhnlicher Facharbeiter (mit
einfachem Hauptschulabschluss) vor 30 Jahren.
Leider hat man bei der Verschmähung der für unsere eigene Grundversorgung eigentlich unentbehrlichen "niederen" Branchen übersehen, dass nur ein bestimmter Prozentsatz der Bevölkerung über die geistigen Gaben und die sozial geordneten familiären Rückhalte verfügt, die für die Erlangung eines anspruchsvollen Studienabschlusses nahezu unabdingbar sind.
Ein großes Land benötigt nun einmal überwiegend Arbeitsplätze für die Masse der durchschnittlich Begabten, für die Abgänger der Real- und Hauptschulen. Es ist ein Wahnsinn, gerade solche dringend benötigten Jobs ins Ausland zu verdrängen, nur weil man meint, auf Importzölle verzichten zu müssen (Subventions-Protektionismus statt Zoll-Protektionismus).
...
viele Akademiker verdienen heute weniger als ein
gewöhnlicher Facharbeiter (mit einfachem
Hauptschulabschluss) vor 30 Jahren ...
Selbst die High-Tech-Branchen sind über Subventionen nicht zu halten!
Aber selbst wenn man hochnäsig die "niederen" Branchen endgültig abschreiben würde (wie leider geschehen) - was bleibt dann übrig von den hochgelobten und hochsubventionierten High-Tech-Branchen?
Die Billiglohnkonkurrenz aus dem Ausland hat längst auch die Hausgeräte-, und Büromaschinen-Industrie heimgeholt. Selbst für Fernseher, Kameras, Computer, Navigationsgeräte und andere High-Tech-Produktionsfelder erweist sich Deutschland (und die westliche Welt) als ein zu teurer Produktionsstandort.
Mit
hohen Investitionszuschüssen hat man versucht, eine
Handyproduktion aufrechtzuerhalten - zumindest ein kleiner Teil der
Zigmillionen jährlich benötigten Handys sollten aus eigenen
Landen stammen.
Was ist daraus geworden? Nur zwei Kilometer von meinem Schreibtisch
entfernt hat Motorola sein Handywerk geschlossen (es steht jetzt
leer). Vor einiger Zeit waren hier noch 3000 Mitarbeiter
beschäftigt. Den Nokia-Angestellten in Bochum ging es kaum
besser.
Dabei kann man den Herstellern ihre Verlagerungen ins Ausland nicht einmal verdenken. Der Weltmarkt ist knallhart, wer zu teuer produziert oder zu wenig Rendite erwirtschaftet, kann die Globalisierungs-Ära nicht überstehen. (Gäbe es wirksame Importzölle, wäre auch für die Global Player der Erfolgs- und Konkurrenzdruck und die Gefahr einer feindlichen Übernahme deutlich geringer).
Warum
bloß soll Deutschland seine eigens benötigten
Fernseher, Computer und Handys nicht selbst herstellen
dürfen? Gäbe
es angemessene Importzölle, könnte sich eine
Produktionsindustrie iim Inland etablieren und auch auf
diesen Gebieten notwendige Grundlagen-Forschungen betrieben
werden. Warum
in aller Welt sollen wir es akzeptieren, dass Deutschland
sich kampflos aus den wichtigsten-High-Tech-Bereichen
zurückzieht.
Speicherchips made in Dresden...
Es war wieder mal nur ein schöner Traum. Die Vorstellung lautete: Nimmt man nur genügend Steuergelder in die Hand und vergibt diese großzügig an Investoren, dann rechnet sich selbst in Deutschland noch eine anspruchsvolle High-Tech-Speicherchip-Herstellung. Damit ließe sich beweisen, dass die Globalisierung (der Zollverzicht) sich eben doch noch rentiert. Man braucht der Allgemeinheit ja nicht auf die Nase zu binden, dass dieser Scheinerfolg mit realen Lohnsenkungen und höherer Abgabenlast anderer Arbeitnehmer erkauft wurde (die Subventions-Milliarden mussten ja irgendwo herkommen).
Was ist aus diesem schönen teurem Experiment geworden? Die Chip-Weltmarktpreise rutschten in den Keller, in Deutschland kann nur noch mit großen Verlusten die Produktion aufrechterhalten werden. Da es einen wirksamen Zollschutz nicht gibt, wird (falls nicht vom Staat immer weitere Gelder fließen) einmal mehr ein wichtiger High-Tech-Grundlagenbereich aus unserem Hochlohnland verschwinden.
Mag sein, dass die Weltmarktpreise für Speicherchips sich irgendwann wieder erholen - aber das nützt dann auch nichts mehr. Auf weitere Experimente werden sich Investoren trotz hoher staatlicher Subventionen kaum einlassen.
Ein
Staat, der auf Importzölle generös verzichtet,
setzt seine Volkswirtschaft gnadenlos den Turbulenzen und
Machtkämpfen am Weltmarkt aus. Denn
er kann das Vernichtungspotential irrsinniger Dumpingimporte
nicht durch Anheben der Einfuhrzölle
entschärfen.
Demnächst geht es der Autoindustrie an den Kragen!
Als eine der letzten Bastionen westlicher Vorherrschaft schlittert nunmehr auch die Automobilindustrie in die Krise. In den USA konnte für zwei Autokonzerne mit Müh und Not und Milliarden von Steuergeldern im letzten Moment die drohende Insolvenz noch einmal abgewendet werden.
Leider wagt man selbst in dieser prekären Situation immer noch nicht, das Kind wirklich beim Namen zu nennen. Nicht der Verzicht auf Importzölle (= Unterbindung des brutalen Dumpingwettbewerbs) ist also Schuld, sondern das Versagen der Manager.
"Die
hätten zu lange an alten Konzepten festgehalten und zu wenig in
neue Innovationen investiert", heißt es neunmalklug. Solche
Vorwürfe lassen sich leicht erheben - nie läuft in einer
Firma wirklich alles optimal, immer gibt es Versäumnisse und
Fehler.
Doch das Problem liegt in Wahrheit nicht in der falschen
Modellpolitik oder verschleppten Rationalisierungsprozessen - das
ursächliche Problem ist, dass Amerika mit den Billigproduktionen
aus Fernost nicht mehr mithalten kann.
Und dieses Grundsatzproblem wird bald auch die restlichen Hochlohnländer erfassen. Deutschlands Autoindustrie ist zwar generell besser aufgestellt als die der USA - aber auch für Statussymbole und Luxuskarossen wird man nicht ewig jeden Hochlohnpreis zahlen wollen. Wenn Indien und China erst einmal richtig loslegen und voll ins Autogeschäft einsteigen, können sie gleichwertige Autos für die Hälfte des bisher üblichen Preises anbieten und den Markt genauso aufrollen, wie sie das in den anderen High-Tech-Branchen bereits geschafft haben.
Frage: Ist die Mehrwertsteuer unsozial?
Die
amerikanischen Autokonzerne bräuchten keine
Milliardenhilfen, wenn die USA die Importzölle
allgemein um 20 Prozent anheben würden. Noch
scheut sich die US-Administration vor diesem Schritt. Sie
verteilt lieber Geld, das sie gar nicht besitzt bzw. erst
drucken muss und senkt den Leitzins auf 0 bis 0,25 % (eine
Supermacht, die fast bankrott ist, darf sich auch das
erlauben). Welches
Risiko ist
größer?
Ist es für die USA vorteilhafter, in immer
größeren Stile geliehenes Geld zu verschenken und
die notleidenden Industrien zu subventionieren oder
wäre es besser, sich durch behutsame Zollanhebungen
langsam aus der Globalisierungsfalle zu
befreien?
Nachtrag:
Opel
und die Versteigerung von
Arbeitsplätzen.
Der
Subventions-Protektionismus am konkreten Beispiel
Irgendwann wird das wirtschaftliche Debakel nicht mehr zu verschleiern sein und der Volkszorn Politiker zur Einsicht zwingen.
Zur
Rettung der Nation wird das von der Globalisierung am schlimmsten
heimgesuchte Land den Anfang machen und die Importzölle
schrittweise wieder anheben.
Das wäre dann das Signal, worauf andere Regierungen
sehnsüchtig gewartet haben. Ein Land nach dem anderen wird dem
tapferen Vorreiter folgen und ebenfalls die Importzölle
anheben.
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www.anti-globalisierung.de
Impressum
©
Manfred Julius Müller (unabhängiger, parteiloser
Wirtschaftsanalyst und Zukunftsforscher). Erstveröffentlichung
2008
Anmerkung:
Der Sinn einzelner Thesen erschließt sich oft erst im
Zusammenhang mit anderen Artikeln des Autors. In einem einzelnen
Aufsatz können nicht jedesmal alle Hintergründe und
Grundsatzüberlegungen erneut eingeflochten werden.
Bücher
von Manfred Julius Müller
Geht
es in unserer Demokratie am Ende nur um den Machterhalt der
etablierten Parteien? Damit sich an eingefrorenen
Grundsätzen (EU, Euro, Zollfreihandel, Kriegsbeteiligungen,
antinationale Multikulti-Ideologie usw.) nichts ändert? Auch
wenn dadurch sich der seit
1980 anhaltende Niedergang
Deutschlands
weiter fortsetzt?