Führte der aufkeimende Protektionismus zur Eskalation der Weltwirtschaftskrise 1929?
Seit 80 Jahren wird mit einer Lebenslüge die Weltbevölkerung verdummt. Anders als behauptet war nicht der Protektionismus (Zollschutz) Schuld an der wirtschaftlichen Depression der 1930er Jahre.
Weltwirtschaftskrise
1929:
War es damals falsch, die Zölle
anzuheben?
Noch immer wird die wirtschaftliche Depression der 1930er Jahre dazu
missbraucht, Zollanhebungen pauschal zu ächten. Mit einer
Lebenslüge versucht die Kapitallobby, dem Zoll-Protektionismus
den schwarzen Peter zuzuschieben, um ihren ausbeuterischen Freihandel
als alternativlos darzustellen.
Ursache
der Weltwirtschaftskrise 1929:
Ursache für den Ausbruch der Krise war neben der
kreditfinanzierten Aktienspekulationsblase in den USA auch der
euphorische Hang zum globalen Freihandel mit seinen riskanten
internationalen Finanzverflechtungen.
Behoben werden konnte die Krise nur durch ein Gegensteuern, einen
Protektionismus, der die wirtschaftliche Abhängigkeit vom
Ausland verringerte und staatliche Wirtschaftsprogramme nicht ins
Leere laufen ließ. Die Zollanhebungen damals waren also kein
Fehler, sie waren vielmehr Grundvoraussetzung für die
Problemlösung.
Erst
die hysterisch betriebene Geldverknappung führte zur Eskalation
der Weltwirtschaftskrise!
Der eigentliche Fehler, der damals von manch führenden
Regierungen begangen wurde (vor allem den USA und Deutschland), war
die hysterisch betriebene Geldverknappung, die die Volks- und
Weltwirtschaft allgemein abwürgte.
Man hat das geldpolitische Ruder zu stark herumgerissen, weil
US-Banker (und US-Politiker) sich wegen der kreditfinanzierten
Aktienblase (Auslöser der Weltwirtschaftskrise) schuldig
fühlten, weil Regierungen durch den Goldstandard
(Garantieerklärung, Banknoten in Gold einzutauschen) in ihrer
Handlungsfähigkeit (Geldmengensteuerung) eingeschränkt
waren und die deutsche Hyperinflation 1923 böse Erinnerungen
weckte.
2008
reagierte man ganz anders!
Wie hätte sich die Weltwirtschaftskrise 2008 wohl ausgeweitet,
hätte man eine globale Geldverknappung wie Anfang der 1930er
betrieben? Man hat das genaue Gegenteil gemacht, nämlich eine
Billiggeldschwemme ausgelöst (wobei man schon wieder
maßlos übertrieben hat).
Freetrade
statt Fairtrade?
Die schwere Depression der 1930er wird von der Kapitallobby (von
Spekulanten, Großaktionären, Unternehmensverbänden,
Konzernchefs usw.) genutzt, den totalen "Freihandel" zu
etablieren. Mit ihrer unverschämten Fehldeutung der 1930er
Depression wird der rücksichtslose Zollabbau legitimiert.
Der Zollabbau beschert dem Kapital eine grenzenlose Machtfülle
und verwandelt die Welt in einen globalen, unkontrollierbaren
Kasino-Kapitalismus. Ein
offener und ehrlicher Zoll würde das lukrative
Geschäftsmodell der Global Player zerstören. Er würde
aus einem irren Freetrade einen globalen Fairtrade machen, die
widerliche Ausbeutung der Arbeitssklaven unterbinden und
marktwirtschaftliche Prinzipien zu neuem Leben erwecken.
Die
wirtschaftliche Entwicklung nach dem 1. Weltkrieg
In ganz
Europa kam es ab 1920 zu einer allgemeinen Wirtschaftskrise. 1923
wurden ein Drittel weniger industrielle Waren produziert als noch
1914. Die Arbeitslosenquote lag 1914 sowohl in Deutschland als auch
in England bei ca. zwei Prozent. Während der 1920er Jahre
jedoch waren in Deutschland mindestens sieben und in England
mindestens zehn Prozent der Erwerbsfähigen ohne Job.
Die Zerstörung der Produktionsanlagen während des Krieges,
die territoriale Neuordnung nach dem Versailler Vertrag, die
Dezimierung des Viehbestände, das Fehlen von Saatgut, das
Wegbrechen von alten Absatzmärkten (Nutznießer waren in
dieser Hinsicht vor allem die USA und Japan), die Demontage deutscher
Produktionsanlagen im Rahmen der Wiedergutmachung, die
Reparationszahlungen, die Rückumwandlung von einer
Kriegsproduktion zu einer Konsumgüterproduktion - all dies hatte
natürlich beträchtliche negative Auswirkungen (in ganz
Europa).
1922
erhöhten die USA die Zölle!
Die USA
führten ab 1922 hohe Zölle ein. Dadurch erstarkte ihre
Wirtschaft und die Europäer sahen sich schließlich
gezwungen, ebenfalls ihre Importzölle anzuheben. Hat dieser
sogenannte Zollkrieg der Weltwirtschaft geschadet? Mitnichten,
ganz im Gegenteil! In ganz Europa (mit Ausnahme von England, das auf
Zollanhebungen verzichtete) kam es ab 1925 zu einer beispiellosen
wirtschaftlichen (und kulturellen) Blüte. Die Zahl der
Arbeitslosen sanken.
Probleme ergaben sich lediglich in der europäischen
Landwirtschaft, die in eine Absatzkrise wegen der
außereuropäischen Billigkonkurrenz geriet (so wie es
heute in Teilen Afrikas der Fall ist). Hätte man damals in der
Landwirtschaft ebenfalls höhere Zölle durchgesetzt,
wäre auch dieses Problem gelöst worden (und die in der
Landwirtschaft darbenden Menschen hätten mehr Geld für den
Konsum gehabt).
Englands Wirtschaft erholte sich erst 1932 (nach einer Abwertung des
englischen Pfunds und einer zehnprozentigen Zollanhebung).
Eine Anmerkung am Rande: Würde die Schweiz nicht seit
Jahrzehnten ihre Landwirtschaft über abenteuerlich anmutende
Importzölle schützen (saisonal steigen diese teilweise auf
mehrere hundert Prozent), gäbe es heute keine nennenswerte
schweizerische Landwirtschaft mehr.
Warum
traf die Weltwirtschaftskrise Deutschland so besonders hart?
Das von
1925 bis Ende 1929 anhaltende Wirtschaftswunder wurde abrupt
abgewürgt durch den New Yorker Börsenkrach am 24. Oktober
1929. Die Krise griff auf Europa über, weil der durch das
Börsenfieber aufgebaute Scheinreichtum der US-Bürger sich
in Luft auflöste und sie deshalb (notgedrungen) ihre privaten
kurzfristigen Anleihen aus Europa abziehen mussten. Dieser
massive Geldabfluss traf besonders Deutschland, das seine
Reparationszahlungen und den Aufbau seiner Wirtschaft (ein
Großteil der alten Industrieanlagen war von den Alliierten als
Kriegsbeute demontiert worden) über private US-Anleihen
finanziert hatte. Im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten
konnte Deutschland seine Wirtschaft nicht über private Kredite
aus der eigenen Bevölkerung aufbauen, da durch die
Hyperinflation 1923 sämtliche Ersparnisse des Bürgertums
vernichtet wurden.
Zwar hatten nach
dem 1. Weltkrieg auch Italien und Frankreich mit einer hohen
Inflationsrate zu kämpfen, aber deren Währungen
ließen sich im Laufe der Jahre wieder stabilisieren, da sie
keine Reparationszahlungen zu leisten hatten. Eine hohe
jährliche Inflationsrate ist zwar wirtschaftshemmend, sie
führt aber nicht unweigerlich zur Entwertung der Ersparnisse.
Sie bleibt relativ folgenlos, wenn die Guthabenzinsen der
Inflationsrate angepasst werden (bei einer Hyperinflation versagt
dieser Mechanismus). Ein Brot kostete im November 1923 in Deutschland
vierhundert Milliarden Mark, nach der Währungsreform im Januar
1924 dann 0,30 Rentenmark.
Eine Hyperinflation gab es nur in Deutschland, Österreich und
Russland. Österreich wurden im Gegensatz zu Deutschland schon
1920 wegen Zahlungsunfähigkeit sämtliche
Reparationszahlungen erlassen.
Zu
behaupten, der Protektionismus sei Schuld an der schweren
wirtschaftlichen Depression in den 1930er Jahren, ist einfach
dummdreist!
Die finanzielle und wirtschaftliche Weltlage war nach dem 1.
Weltkrieg sehr undurchsichtig und komplex. Deshalb habe ich mit der
Erklärung etwas weiter ausgeholt und versucht, die
Hintergründe zu skizzieren. Es bleibt dabei, die sachliche
Analyse ist eindeutig: Die absurde, völlig überzogene
Geldverknappung vor allem in den USA (aber auch in Deutschland) waren
ursächlich für die schwere, lang anhaltende wirtschaftliche
Depression. Die Zollanhebungen haben entgegen aller
Beschuldigungen zur Lösung der Misere beigetragen, sie waren
erforderlich.
Ohne
Exportabhängigkeit hätte es vermutlich keine Weltkriege
gegeben!
Wäre
es ohne die starke Ausweitung des Welthandels überhaupt zum 1.
Weltkrieg gekommen? Dieser Frage sollte man nachgehen. Der
aufgeheizte Konkurrenzkampf der europäischen Volkswirtschaften
hat seinerzeit das Denken überlagert. Die Rivalität
zwischen den größeren Staaten eskalierte, es herrschte ein
Klima voller Existenzängste, Neid und Missgunst.
Hätten sich die aufstrebenden Volkswirtschaften damals mehr auf
ihren eigenen Binnenmarkt konzentriert und weniger versucht, im
Ausland Marktanteile zu erobern, wäre die Stimmungslage ganz
anders gewesen. Wozu noch groß Krieg führen, wenn der
Staat weder vom Ex- noch vom Import abhängig ist und somit
wirtschaftliche Interessen kaum noch eine Rolle spielen?
Verlogenheit,
wohin man schaut!
Die krasse
nachträgliche Fehldeutung der sich 1929 aufbauenden
Weltwirtschaftskrise wird mit zwei weiteren Lebenslügen
untermauert. Zum einen wird behauptet, die Massenarbeitslosigkeit
wurde hauptsächlich über die Aufrüstung beseitigt.
Zum anderen heißt es, Hitler brauchte den Krieg, weil seine
Investitionsprogramme unbezahlbar waren. Das wagt man zu sagen
angesichts der heutigen Billiggeldschwemme, die allein schon vom
Volumen her ein zigfaches Ausmaß angenommen hat.
Und das Argument mit der Aufrüstung ist auch Schwachsinn. Denn
erstens ist es volkswirtschaftlich kein großer Unterschied, ob
Kochtöpfe oder Stahlhelme produziert, Mietshäuser oder
Kasernen gebaut werden. Und zweitens kann man erst ab 1936 von einer
gezielten Aufrüstung sprechen (zu diesem Zeitpunkt waren die
Arbeitslosenzahlen aber schon deutlich abgesunken).
Fakt ist: Die
bürgerlichen Parteien haben zugesehen, wie Deutschland durch die
Deflationspolitik ins Chaos stürzte. Deren gewählte
Volksvertreter haben volkswirtschaftliche Zusammenhänge kaum
interessiert. Sie haben ihren Parteiexperten blindlings vertraut
und sich der Parteiräson unterworfen. Anstatt sich eine
eigene wirtschaftliche Kompetenz anzueignen und selbst über
Auswege aus der prekären Lage nachzudenken, haben sie ihre
kostbare Zeit mit unwichtigen Alltagsaufgaben verplempert. Zum
Beispiel medienwirksame Repräsentationsaufgaben wahrgenommen,
schauspielartige Rededuelle für den Reichstag ausgearbeitet,
sich um Kinkerlitzchen in ihrem Wahlkreis gekümmert und sich am
parteitaktischen Klüngel beteiligt.
Das macht mich wütend, weil sich an dieser Praxis bis heute
nicht viel geändert hat und
geheime Abstimmungen im Parlament
(meines Erachtens Grundvoraussetzung für eine echte
parlamentarische Demokratie) immer noch tabu sind.
Zur
Startseite
www.anti-globalisierung.de
Impressum
©
Manfred Julius Müller (unabhängiger, parteiloser
Wirtschaftsanalyst und Zukunftsforscher). erstveröffentlichung
März 2018
Manfred Julius Müller analysiert und kritisiert seit 40 Jahren weltwirtschaftliche Abläufe. Er ist Autor verschiedener Bücher zu den Themenkomplexen Globalisierung, Demokratie, Kapitalismus und Politik.
Hintergrund
& Analyse:
Auch
die nachstehenden Links verweisen auf Seiten, die nicht
von staatlichen Institutionen, Global Playern, Konzernen,
Verbänden, Parteien, Stiftungen, Gewerkschaften,
Hilfsorganisationen, NGOs, der EU- oder der Kapitallobby gesponsert
und gehypt werden. ©
sämtlicher Texte: Manfred Julius Müller
Demokratie/Scheindemokratie/Medien/Propaganda:
Wer
besitzt die politische Deutungshoheit und wer maßt sie sich
an?
Wie
kaufe ich mir eine Regierung?
Der
Niedergang Deutschlands. Warum sinken seit 1980 die realen
Nettolöhne und Renten?
Was
ist Rassismus? Und was ist Rufmord?
Kapitalismus
& Globalisierung:
Globalisierung,
EU, Euro, Zuwanderung: "Deutschland
profitiert..."
Der
zielstrebige Weg in die konzernfreundliche
Wegwerfgesellschaft
Die
Gewinner und Verlierer der Globalisierung
Das
Märchen von der internationalen
Arbeitsteilung
Fridays
for Future? Ist der Klimawandel Folge der
Globalisierung?
Konzernfreundliche
Politik: Warum werden Konzerne so
verhätschelt?
Die
Auswirkungen der Globalisierung auf die
Entwicklungsländer
Deutschland
und die Globalisierung
Die
verheimlichten Probleme der Globalisierung
Funktioniert
der Kommunismus doch?
Globalisierung
pro und contra! Überwiegen die Vorteile oder die
Nachteile?
Europäische
Union:
Wann
kommt der Dexit?
(der
Austritt Deutschlands aus der EU)
Whatever
it takes: Die wundersame Geldvermehrung
Warum
ist eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung noch immer für
die EU?
EU-Gegner:
Die EU wird sich als größter Irrtum der Geschichte
erweisen!