Gibt es keine Alternative für Deutschland?

Für die „Erleuchteten" in diesem Lande ist die Sache klar: Es gibt keine Alternative zum Sparkurs und zur Bescheidenheit. Zu teure Produktionsstandorte können im internationalen Wettbewerb nicht bestehen, zu hohe Lohn- und Sozialkosten vernichten Arbeitsplätze, verschärfen also das Problem.

Doch diese im Prinzip richtige Schlußfolgerung hat nur einen Haken. Sie ignoriert die eigentliche Ursache der Misere und verschweigt die Alternative. Denn alle nationalen Probleme wären durchaus in den Griff zu bekommen, würde man sich ernsthaft mit den Unvereinbarkeiten des Globalisierung auseinandersetzen und dessen gröbste Fehler beseitigen. Im Klartext hieße das: den freien Wettbewerb durch einen fairen Wettbewerb ersetzen!
Wenn sich die Öko-, Sozial- und Lohndumpingstrategien der Billigpreisländer weltweit nicht durchsetzen sollen, dann muß endlich der glorifizierte „freie" Welthandel enttabuisiert und entzaubert werden. Für die Zukunft unseres Landes, der EU und der Weltgemeinschaft (fast alle Nationen sind bei den geltenden Bedingungen erpreßbar und überfordert) ist dieses Thema von zentraler Bedeutung, weshalb ich mich unter dem Titel
„Protektionismus" auf der folgenden Seite ausführlicher damit auseinandergesetzt habe.

 

Hinweis: Dieser Artikel wurde erstmals im Oktober 1999 im "SW-MAGAZIN" veröffentlicht. Die Zahlen sind also nicht mehr aktuell.
Über die Vorschläge konnte der Leser anschließend schriftlich per Post abstimmen (jedem Heft lag ein Stimmzettel bei). Die Ergebnisse der Abstimmung finden Sie am Ende des Textes.

 

Halbe Wahrheiten
Mit halben Wahrheiten werden den Bürgern m. E. angebliche Notwendigkeiten vorgegaukelt (vielleicht nur, um den Ruf des „Globalisierung" nicht zu beschädigen). Dazu folgende Beispiele:

Rentendiskussion
Müssen die Renten wegen der demografischen Entwicklung (die Zahl der Beitragszahler sinkt, die der Rentner steigt) gekürzt werden? Warum wird in diesem Zusammenhang nicht auf die ständig wachsende Produktivität verwiesen? Der technische Fortschritt macht den Rentnerboom mehr als wett und würde allen Bevölkerungsschichten einen stetig wachsenden Wohlstand bescheren, wenn nicht ein falsch verstandener Globalisierung dies verhindern dürfte.
Außerdem: Ohne die Globalisierung in seiner jetzigen Form gäbe es gar kein Arbeitslosenproblem und wären Lohnsubventionen weitgehend überflüssig - die Zahl der Beitragszahler würde also stark zunehmen.

Spardiskussion
Auch die Spardiskussion würde sich in einem intakten (fairen) Welthandel erübrigen. Die Globalisierung beschert vielen Konzernen nahezu Steuerfreiheit trotz hoher Milliardengewinne - dieser erzwungene Wahnsinn könnte durch den „Protektionismus" rasch beendet werden. (Außerdem würde der dann zu erwartende Beschäftigungsboom sowieso alle Finanzierungsprobleme lösen.)

Steuerdebatte
Selbst die Steuerdebatten sind, solange nicht in das falsche Spiel des Weltmarktes eingegriffen wird, weitgehend nutz- und wirkungslos. Immer neue Regeln, immer neue Umverteilungsideen lösen nicht das Globalisierungsproblem. Erst wenn man prinzipiell sich löst von der staatlich verordneten Verteuerung (=Bestrafung) der deutschen Arbeit und mehr auf die Konsumbesteuerung setzt (die auch die Importe erfaßt), kann sich grundlegend etwas ändern.

Rechts oder links?
Auch der Richtungsstreit in den Parteien über rechts oder links, sozial- oder unsozial bleibt eine Geisterdiskussion, wenn nicht zunächst über einen Dumpingschutz nachgedacht wird. Bedeutend klingende Worthülsen, die eine „neue Konstellation der globalisierten Wirtschaftswelt" und ein „Ende des Industriekapitalismus" beschreiben, dürfen nicht weiter als Alibi akzeptiert werden.
Der Bürger erwartet von gewählten Volksvertretern eine ehrliche Debatte, also keine zweitrangigen Richtungsstreitereien, sondern eine offene Auseinandersetzung mit den eigentlichen Ursachen der Probleme. Die „kopernikanische Wendung in der Sozialpolitik" ist nur fällig, die „kurze glückliche Phase der Vollbeschäftigung" ist nur dann nostalgische Vergangenheit, wenn die Frage nach Gerechtigkeit im Welthandel weiterhin ausgeklammert wird.

 

20 Jahre Stagnation
Während von 1960-1980 sich der Wohlstand hierzulande durch den technischen Fortschritt etwa verdoppelt hat, gab es in den beiden letzten Jahrzehnten überhaupt keine Zuwächse. Und das trotz der Globalisierung (dem Zollabbau), dem offiziellen Heils- und Wohlstandsbringer! Nicht einmal der Siegeszug des Computers konnte an dieser andauernden Stagnation etwas ändern.
Den heutigen Lebensstandard könnten wir ebensogut mit der alten Technik von 1979 erwirtschaften. Alle genialen Erfindungen und verbesserten Produktionsverfahren, alle Rationalisierungen waren so gesehen überflüssig - sie haben der breiten Bevölkerung nichts gebracht.

 

Erpreßbarkeit beenden, Handlungsfähigkeit wiederherstellen!
Wenn die Politik sich weiterhin vor der zentralen Frage der Globalisierung herumdrückt, dann wird es auch weiterhin keine echten Fortschritte geben. Solange der uneingeschränkte unfaire Weltmarkt den Ton angibt, können die Global Player die Staaten dieser Welt gegeneinander ausspielen, de facto totale Steuerfreiheit beanspruchen, Subventionen einfordern, Löhne drücken und Regierungen vorführen.
Ist Deutschland wegen des verlorenen Krieges dazu verdammt, ewig auf jegliche wirtschaftliche Selbstverteidigung zu verzichten, sich lieber verhöhnen zu lassen als aufzumucken und Eigeninteressen zu verfolgen? Die Bürger unseres Landes sind leistungsbereit, unsere Wirtschaft ist innovativ und konkurrenzfähig - was unserem Land aber fehlt, sind faire Bedingungen.

 

Ergebnisse der Leserbefragung:
Die Frage: „Gibt es zur Sparpolitik und Bescheidenheit bei Löhnen, Renten usw. Ihrer Meinung nach doch noch Alternativen?"
Die Antworten: 80 % „ja", 10 % „nein", 10 % „ich weiß nicht"

 

Eine herzliche Bitte: Sollte Ihnen dieser Artikel (http://www.anti-globalisierung.de/deutschland-alternative.html) gefallen haben, empfehlen Sie ihn bitte weiter. Denn nur die allgemeine Aufklärung der Bevölkerung ebnet den Weg für notwendige Veränderungen. Es dankt Ihnen Manfred J. Müller  

 

 

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Impressum 
© Manfred Julius Müller. Erstveröffentlichung Oktober 1999

 

 


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Anmerkung: Der Sinn einzelner Thesen erschließt sich oft erst im Zusammenhang mit anderen Artikeln des Autors. In einem einzelnen Aufsatz können nicht jedesmal alle Hintergründe und Grundsatzüberlegungen erneut eingeflochten werden.

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Was ist dreist?
Dreist ist, wenn trotz eines seit 1980 anhaltenden schleichenden Niedergangs und Lohnrückgangs immer noch am zollfreien Welthandel, am Subventionswettlauf, am Euro, am EU-Bevormundungs- und Bürokratiemonstrum, an der Umwandlung Deutschlands zum Multikulti-Vielvölkerstaat, an der kollektiven Erbschuldideologie usw. festgehalten wird.